G E ´ S      Z A U B E R W E L T  

DAS NETZ

 

Wie viele Menschen haben sich freiwillig in ein unsichtbares Netz aus Daten begeben, um dort ihr Dasein zu leben.

Dieses Netz bietet Sicherheit, Anonymität, Freiheit, jemand zu sein, der man sein will, ein Konstrukt aus Fantasien, Eigenschaften, Werten, die im normalen Leben niemals erreicht werden, nicht lebbar scheinen und in dieser Welt so einfach herbei zu zaubern sind.

 

Ein Netz, dass einem scheinbaren Schutz bietet, in der man Hunderte von Freunden hat, die man nie zu Gesicht bekommt, die aber mit einem mitfühlen, zuhören, da sind, gemeinsame virtuelle Interessen teilen, sich anlächeln und anstupsen, zärtliche Berührungen austauschen, ohne sich auch nur annähernd nahe zu sein, die sich beglückwünschen, ohne sich die Hand zu schütteln, die Bilder von ihren Welten teilen, ohne jemals etwas Gemeinsames unternommen zu haben, die ihre Gesichter ins Netz stellen, retuschiert, um die Makel ihrer nicht perfekten Äußerlichkeiten zu vertuschen, sich darstellen, wie man gerne sein möchte, sich von der besten Seite zeigen, ein Wunschbild von sich Selbst erschaffen, um für die Anderen die Idealbesetzung darzustellen.

Wie traurig es ist, dass diese Zeit die Menschen solch einer Verführung aussetzt, sich zu verkleiden, sich zu verstecken, sich zu verstellen, sich zu verleugnen, sich zu verirren, sich umzumodellieren, sich etwas vorzumachen und im selben Augenblick andere zu manipulieren und zu täuschen.

 

Die Menschen machen alle freiwillig mit, ohne Zwang, mit Freude und Ausdauer nehmen sie an diesem Spiel des Lebens teil, ohne darüber nachzudenken.

Das Netz trennt die Menschen voneinander, macht sie zu Süchtigen, Abhängigen, die ohne diesem nicht mehr existieren können, die ihr Leben auf Knopfdruck abspulen und die wahre Schönheit des Daseins nicht mehr wahrnehmen, Gefühle nicht mehr spüren, Begegnungen nicht mehr erleben, Stimmen nicht mehr hören, Gerüche nicht mehr riechen, Hände nicht mehr halten, Münder nicht mehr küssen, Füße nicht mehr bewegen, den sternenklaren Nachthimmel nicht mehr sehen und somit blind, taub und gefühlskalt sind, zu Robotern mutieren, Marionetten dieses Netzes werden, Gefangene einer vorrangig so heilen Welt sind, die sie allerdings schön langsam, schleichend und dann überraschend vernichtet und auffrisst.

Wo bringt dieses Netz die Menschen hin, frage ich mich.

 

Wie viele Menschen sind Teil davon, machen mit in der drahtlosen Welt des Wahnsinns, tauchen immer wieder ein, um der Einsamkeit zu entrinnen, der sie trotz allem nicht entkommen können, denn wenn sie sich ausklicken aus dem Netz der scheinbaren Verbindungen, fühlen sie die Einsamkeit stärker, als zuvor.

 

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